Fachgerechte Verdrahtung von galvanisch getrennten CAN-Netzwerken

Ein Leitfaden zur Verdrahtung des CAN-Busses, zur Reduzierung von Störungen und zur Maximierung der Stabilität.

Generell sind bei der CAN-Verdrahtung sämtliche gültigen Richtlinien (DIN, VDE) bzgl. EMV-gerech­tem Aufbau, Leitungsführung, Leiterquerschnitte, zu verwendende Materialien, Mindest­abstände zu beachten.

ACHTUNG

Die Angaben auf dieser Seite gelten für CAN-Netzwerke mit Bitraten bis zu 1 MBit/s. Wenn Sie mit höheren Bitraten arbeiten, wie zum Beispiel beim Einsatz von CAN FD, muss die Anwendbarkeit der auf dieser Seite gegebenen Informationen für jeden Einzelfall überprüft werden. Weitere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte den CiA® „CAN FD Guidelines and Recommendations“ (https://www.can-cia.org/).


Standards zur CAN-Verdrahtung

Die Flexibilität beim Entwurf von CAN-Netzwerken ist eine wesentliche Stärke der verschiedenen, auf dem CAN-Standard ISO11898-2 aufbauenden Erweiterungen wie z.B. CANopen, ARINC825, DeviceNet und NMEA2000. Die Nutzung dieser Flexibilität erfordert jedoch zwingend ein Netz­werk-Design, das die Wechselwirkungen aller Netzwerkparameter berück­sichtigt.

Zum Teil haben die CAN-Organisationen in ihren Spezifikationen den Einsatzbereich von CAN an­ge­passt, um Anwen­dungen außerhalb des ISO 11898-Standards zu ermöglichen. Sie haben Ein­schrän­kungen auf System­ebene bei der Datenrate, der Leitungslänge und bei parasitären Bus-Lasten vorgenommen. Beim Entwurf von CAN-Netzwerken muss jedoch immer ein Spielraum für Signal­verluste über das Gesamtsystem und die Verdrahtung, parasitäre Lasten, Netzwerk-Unsymme­trien, Potenzialunterschiede gegen Erde und Signal-Integritäten eingeplant werden. Daher kann die maximal erreichbare Anzahl an Knoten, Bus­län­gen und Stichleitungslängen von der theoretisch möglichen Anzahl abweichen!

esd hat sich bei seinen Empfehlungen zur CAN-Verdrahtung auf die Vorgaben der ISO 11898-2 beschränkt. Auf die Beschreibung der Besonderheiten der abgeleiteten Spezifikationen CANopen, ARINC825, DeviceNet und NMEA2000 wird an dieser Stelle verzichtet.

Die konsequente Einhaltung der ISO 118998-2-Vorgaben bietet wesentliche Vorteile:
  • Zuverlässiger Betrieb durch bewährte Design-Vorgaben

  • Minimieren von Fehlerquellen durch ausreichend Abstand zu den physikalischen Grenz­werten.

  • Unproblematische Wartung, weil bei zukünftigen Anpassungen und bei Fehlersuche keine „Sonderfälle“ zu berücksichtigen sind.

Selbstverständlich lassen sich auch zuverlässige Netzwerke nach den Spezifikationen von CANopen, ARINC825, DeviceNet und NMEA2000 aufbauen. Zu beachten ist jedoch, dass die Ver­drah­tungs­vorgaben der verschiedenen Spezifikationen nicht bedenkenlos miteinander vermischt werden dürfen!

Auswahl der Leitungen

Für die Auswahl der CAN-Leitungen sind folgende Eigenschaften von Bedeutung:

Wellenwiderstand

Der Wellenwiderstand der verwendeten Leitung sollte ca. 120 Ω betragen.


Ohmscher Leitungswiderstand

Der ohmsche Widerstand der verwendeten Leitung muss so gering sein, dass die Spannungsschaltschwelle des Receiver-Bausteins am Ende der Leitung nicht unterschritten wird. Für die Berechnung des Spannungsabfalls am Receiver wird der angeschlossene Abschlusswiderstand und die Anzahl der Teilnehmer herangezogen.


EU-Konformität

ACHTUNG

esd garantiert die EU Konformität eines Produkts, wenn für die CAN-Verdrahtung die für das jeweilige Produkt erforderlichen Leitungen verwendet werden.
Je nach Produkt müssen mindestens Leitungen mit einfach abgeschirmten, zweiadrig oder vieradrig paarweise verdrillten Adern verwendet werden, die die Anforderungen der Norm ISO 118982-2 erfüllen.
Ob für ein Produkt zweiadrige oder vieradrige Leitungen benötigt werden entnehmen Sie bitte dem Hardware-Handbuch des jeweiligen Produkts.
Hinweise zur Verdrahtung einfach abgeschirmter zweiadrig verdrillter Leitungen sowie einfach abgeschirmter vieradrig verdrillter Leitungen entnehmen Sie bitte dem folgenden Text.


Bitrate/
Leitungslänge

Bedingt durch die Signallaufzeiten auf der Leitung sinkt die mögliche Gesamtleitungslänge eines CAN-Netzes mit zunehmender Bitrate (siehe "Buslänge").

Schauen Sie auch unsere CAN-Kabel und unser CAN-Zubehör an.
Fertig konfektionierte Kabel in Standard- und Sonderlängen können bei uns bezogen werden.

CAN-Kabel

Die hier angebotenen Kabel für die industrielle Umgebung sind für den Einsatz in CAN-Systemen vorgesehen. Sie können für alle esd-CAN-Geräte eingesetzt werden.

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Grundregeln zur fachgerechten Verdrahtung

Die folgenden Grundregeln für die CAN-Bus Verdrahtung mit einfach abgeschirmten zweiadrig oder vieradrig verdrillten Leitungen sollten unbedingt beachtet werden:

  1. Es ist ein geeigneter Leitungstyp (Wellenwiderstand ca. 120 Ω ±10%) mit ausreichendem Aderquerschnitt (≥ 0,22 mm²) zu verwenden. Der Spannungsabfall auf der Leitung ist zu berücksichtigen.
  2. Auswahl des geeigneten Kabels in Abhängigkeit von der Umgebung.
    • Für den Einsatz in leicht störbehafteter Industrieumgebung ist mindestens ein zweiadriges CAN-Kabel zu verwenden dessen Adern wie folgt zu belegen sind:
      • Zwei verdrillte Adern sind mit den CAN-Signalleitungen (CAN_H, CAN_L) zu belegen.
      • Die Kabel-Abschirmung ist mit dem Bezugspotenzial (CAN_GND) zu belegen.
    • Für den Einsatz in stark störbehafteter Industrieumgebung ist ein vieradriges CAN-Kabel zu verwenden, dessen Adern wie folgt zu belegen sind:
      • Zwei verdrillte Adern sind mit den CAN-Signalleitungen (CAN_H, CAN_L) zu belegen.
      • Die anderen beiden verdrillten Adern sind mit dem Bezugspotenzial (CAN_GND) zu belegen.
      • Die Leitungsabschirmung ist an mindestens einem Punkt an Funktionserde (FE) anzuschließen.
  3. Das Bezugspotenzial CAN_GND muss an genau einem Punkt mit Funktionserde (FE) verbunden sein.
  4. Ein CAN-Netz darf sich nicht verzweigen (Ausnahme: kurze Stichleitungen) und muss an beiden Enden mit dem Wellenwiderstand der Leitung (in der Regel 120 Ω ±10%) abgeschlossen werden (zwischen den Signalen CAN_L und CAN_H und nicht an CAN_GND).
  5. Stichleitungen sind so kurz wie möglich zu halten (l < 0,3 m).
  6. Die Baudrate muss an die Leitungslänge angepasst werden.
  7. Die CAN-Leitungen sollten nicht in unmittelbarer Nähe von Störquellen verlegt werden. Lässt sich dies nicht vermeiden, so sind doppelt abgeschirmte Leitungen vorzuziehen.

Leicht störbehaftete Industrieumgebung

CAN-Verdrahtung in leicht störbehafteter Industrieumgebung

Schemazeichnung CAN-Verdrahtung in leicht störbehafteter Industrieumgebung
Beispielansicht Leitungsaufbau und Schema der Signalbelegung der einfach abgeschirmten zweiadrig verdrillten Leitung mit Erdung und Abschluss.

Verkabelung in leicht störbehafteter Industrieumgebung

Geräte, die pro CAN-Netz nur einen CAN-Stecker besitzen, sind über eine kurze Stich­leitung (< 0,3 m) und ein T-Stück (als Zubehör lieferbar) anzuschließen. Werden sie am Ende des CAN-Netzes angeschlossen, kann auch der CAN-Abschlussstecker „CAN-Termi­nation DSUB9“ verwendet werden.

Abbildung: Beispiel für korrekte Verdrahtung einfach abgeschirmter zweiadrig verdrillter Leitungen
Beispiel für korrekte Verdrahtung einfach abgeschirmter zweiadrig verdrillter Leitungen

Stark störbehaftete Industrieumgebung

CAN-Verdrahtung in stark störbehafteter Industrieumgebung

Schemazeichnung CAN-Verdrahtung in stark störbehafteter Industrieumgebung
Beispielansicht Leitungsaufbau und Schema der Signalbelegung der einfach abgeschirmten vieradrig verdrillten Leitung mit Erdung und Abschluss.

Verkabelung in stark störbehafteter Industrieumgebung

Abbildung: Beispiel für korrekte Verdrahtung einfach abgeschirmter vieradrig verdrillter Leitungen
Beispiel für korrekte Verdrahtung einfach abgeschirmter vieradrig verdrillter Leitungen

Weitere Hinweise zu CAN-Bus Netzwerken

Verzweigung

  • Der CAN-Bus ist prinzipiell als Strang auszuführen. Die Teilnehmer werden über kurze Stichleitungen an den Hauptstrang angefügt. Dies erfolgt in der Regel über sogenannte T-Connectoren. esd bietet hierzu einen T-Connector (Bestell-Nr: C.1311.03).
  • Ist eine gemischte Verwendung von zwei- und vieradrig verdrillten Leitungen nicht zu vermeiden, ist auf eine durchgehende CAN-GND-Verbindung zu achten!
  • Abweichungen von der Bus-Struktur können durch den Einsatz von Repeatern ermöglicht werden.

Stark störbehaftete Industrieumgebung: Bei Verwendung des T-Connectors (Bestell-Nr: C.1311.03) in stark störbehafteter Industrieumgebung mit vieradrig verdrillten Leitungen ist zu beachten, dass das Schirmpotenzial (Shield) des leitenden DSUB-Gehäuses nicht durch diesen T-Connector-Typ durchgeführt wird. Die Abschirmung wird damit unterbrochen. Daher müssen Sie geeignete Maßnahmen zur Verbindung der Schirmpotentiale, wie im Handbuch des T-Connectors beschrieben, ergreifen. Weitere Informationen dazu entnehmen Sie bitte dem CAN-T-Connector-Manual (Bestell-Nr: C.1311.21). Alternativ kann ein T-Verbindungsstecker verwendet werden, bei dem das Schirmpotenzial durchgeführt wird, z.B. DSUB9-Stecker von ERNI (ERBIC CAN BUS MAX, Bestell-Nr.:154039).

Abschlusswiderstand

  • An beiden Enden des CAN-Bus ist ein Abschlusswiderstand anzuschließen. Ist auf dem CAN-Interface am Ende des CAN-Busses ein integrierter CAN-Busabschluss angeschlossen, so ist dieser an Stelle eines externen Abschlusswiderstands zu verwenden.
  • 9-polige DSUB-Verbinder mit integriertem Abschlusswiderstand und Stift- und Buchsenkontakten sind unter der Artikelnummer C.1303.01 lieferbar.
  • Für den Abschluss des CAN-Bus und Erdung des CAN_GND sind DSUB-Abschlussstecker mit Stiftkontakten (C.1302.01) oder Buchsenkontakten (C.1301.01) mit Erdungsklemme erhältlich (Leicht störbehaftete Industrieumgebung). CAN-Kabel, T-Stücke (T-Connector) und Abschlusswiderstände sind von uns als Zubehör lieferbar.

Stark störbehaftete Industrieumgebung: 9-polige DSUB-Stecker mit integriertem, umschaltbarem Abschlusswiderstand können z.B. von ERNI (ERBIC CAN BUS MAX, Buchsenkontakte, Bestell-Nr.:154039) bezogen werden.

Korrekte Erdung des Netzwerkes

  • Bei CAN-Modulen mit galvanischer Trennung muss CAN_GND zwischen den CAN-Modulen verbunden werden.
  • CAN_GND sollte an exakt einem Punkt im Netz mit dem Erdpotenzial (FE) verbunden sein.
  • Jedes CAN-Modul mit galvanischer Verbindung zum Erdpotenzial wirkt wie eine Erdung. Aus diesem Grund sollte nicht mehr als ein CAN-Modul mit galvanischer Verbindung zum Erdpotential angeschlossen werden.
  • Die Erdung kann z.B. an einem Abschlussstecker vorgenommen werden.

Buslänge

Die Buslänge eines CAN-Netzwerks muss an die eingestellte Bitrate angepasst sein. Die Maximalwerte beruhen auf der Tatsache, dass die Zeit, die ein Bit im Bussystem benötigt, um übertragen zu werden, umso kürzer ist, je höher die Übertragungsrate ist. Mit zunehmender Leitungslänge steigt jedoch auch die Zeit, die ein Bit benötigt, um das andere Ende des Busses zu erreichen. Zu beachten ist, dass sich das Signal nicht nur ausbreitet, sondern der Empfänger auch innerhalb einer gewissen Zeit auf den Sender reagieren muss. Der Sender wiederum muss jede Änderung des Buspegels von dem/den Empfänger(n) erkennen. Dabei sind Verzögerungszeiten auf der Leitung, dem Transceiver, dem Controller, Oszillatortoleranzen und die eingestellte Abtastzeit zu berücksichtigen.
In der folgenden Tabelle finden Sie Richtwerte für die erreichbaren Buslängen bei bestimmten Bitraten.

Tabelle "Erreichbare Leitungslängen abhängig von Bitrate (mit esd-CAN-Interfaces)"
Tabelle: Erreichbare Leitungslängen abhängig von Bitrate (mit esd-CAN-Interfaces)

esd-Module erreichen typischerweise eine Leitungslänge von 37 m bei 1 MBit/s. Voraussetzung hierfür ist ein abgeschlossenes Netz ohne Impedanz­störungen, wie z.B. durch längere Stichleitungen > 0.3 m verursacht.

ACHTUNG

Beachten Sie, dass die Kabel, Stecker und Abschlusswiderstände gemäß ISO11898-2 auszulegen sind. Weitere Empfehlungen der CiA dazu, wie Standardwerte der Leitungsquerschnitte in Abhängigkeit von der Kabellänge, sind in der CiA Spezifikation CiA 303-1 beschrieben (siehe CiA 303 CANopen Recommendation - Part 1: „Cabling and connector pin assignment“, Version 1.8.0, Table 2).