In Echtzeit regeln - von der Hutschiene aus

Vorteile von Echtzeit-Automatisierungssystemen

Nicht erst Industrie 4.0 oder ethernetbasierte Feldbusprotokolle rücken Echtzeit-Lösungen in den Fokus. In vielen Branchen besteht schon seit Jahrzehnten die Nachfrage nach echtzeitfähigen Regelungs- und Automatisierungssystemen. Sie gilt besonders dezentralen Systemen für eine überwiegend heterogene Automatisierungsinfrastruktur, die oftmals nur mit kundenspezifischen Entwicklungen auf der Basis von Echtzeit-Betriebssystemen beantwortet werden kann.

Bereits in den 1980er-Jahren forderten Branchen, wie die Automobil- und Luftfahrtindustrie, der Maschinenbau, die Energieversorger aber auch Biotechnologieunternehmen sowie die Pharmaindustrie, Alternativen zur nicht deterministischen, linearen SPS-Programmierung.
Diese konnten schon damals durch Echtzeitrechner mit einer offenen Rechnerarchitektur und Bussystemen wie VMEbus, PMC/PCI geschaffen werden. Heute sind kompakte Echtzeit-Automatisierungssysteme in der Lage, schnelle Steuerungs- und Regelungsaufgaben dezentral zu übernehmen. Sie zeichnen sich durch aktuelle, leistungsfähige Prozessoren, eine offene Kommunikationsebene mittels standardisierter Protokolle sowie die Nutzung von Echtzeit-Betriebssystemen wie QNX, VxWorks oder OS-9 aus.

Der EPPC-T10 lässt sich in EtherCAT-Applikationen mit bis zu drei unabhängigen Netzwerken einsetzen.

Echtzeitsystem versus SPS

Mit dem Feldbus und den Speicher-Programmierbaren-Steuerungen (SPS) vereinfachte sich in den 1980er-Jahren die Industrie- und Anlagenautomation erheblich. Inzwischen sind SPSen als Massenprodukt eine preiswerte Standard-Lösung mit hoher Verfügbarkeit und einfacher Programmierung. Es sind „Alleskönner“, jedoch mit Einschränkung: die vielen Verarbeitungsebenen beispielsweise über Baugruppen und Systembus führen zu Asynchronität. Zudem gilt ein starrer Ablauf bei der zyklischen Abarbeitung, langsames Reagieren auf plötzliche Ereignisse sowie das schwierige Erfassen kurzzeitiger Vorgänge ebenfalls als Nachteil. Dem gegenüber stehen Echtzeit-Automatisierungssysteme mit einer offenen Rechnerarchitektur auf der Basis von PowerPC, ARM und Intel-Prozessoren. Sie verfügen über offene Kommunikationsebenen mit Schnittstellen zu Ethernet und gängigen Feldbussen sowie einem modularen Betriebssystem. Durch eine prozessornahe Programmierung mittels Hochsprachen lassen sich Echtzeitanwendungen realisieren, wie sie für Achssteuerungen und Motion-Control-Anwendungen und andere benötigt werden. Alternativ können sie aber auch als Soft-SPS unter CoDeSys nach IEC 61131-3 programmiert werden.

Auch wenn bei SPSen heute ebenfalls schnellere CPUs eingesetzt werden, sind sie jedoch, vor dem Hintergrund, viele Applikationen bedienen zu müssen, in Synchronisierungsprozessen oft nicht schnell genug. Auch besteht keine Chance, nahe am CPU-Kern zu programmieren und somit das deterministische Verhalten zu garantieren. Ihr linearer Programmablauf beschränkt sich auf die reine Steuerfunktion, ohne Regelungen zu verknüpfen oder Daten aufzubereiten und zu visualisieren oder zu archivieren. Echtzeit-Automatisierungssysteme basieren immer auf schnellen, dem Stand der Technik entsprechenden CPUs. Über Jahrzehnte bewährte Betriebssysteme stellen den Echtzeitbetrieb sicher. Damit haben sie die Flexibilität, auch auf zeitkritische Größen einzugehen. Die offene Kommunikationsebene bietet Schnittstellen zu ethernetbasierten Protokollen und/oder zu Feldbus-Protokollen wie Profinet, EtherCAT, Ethernet IP sowie CAN, CANopen, Profibus, DeviceNet, u. a.

Modulare SPS-Systeme mit einer Standard-PC-Architektur unter Linux bieten annähernd deterministisches Verhalten, das aber bei sehr schnellen Regelungsprozessen oftmals nicht ausreicht. Gerade wenn aus wirtschaftlichen Gründen eine Vollautomation beispielsweise bei der Anlagenautomation mit Transportbändern und Feeder zuverlässig erreicht werden soll, kommt es auf eine schnelle Echtzeitregelung an.

Externe Entwicklungen verkürzen Time-to-Market

Das hannoversche Unternehmen esd electronics ist seit seiner Gründung 1984 auf individuelle Regelungs- und Automatisierungssysteme unter Berücksichtigung gängiger Standards spezialisiert. Es entwickelt Flachbaugruppen und Echtzeitsysteme auf der Basis von PowerPC, ARM und X86-Prozessoren. Bei der Entwicklung neuer Projekte aber auch beim Erweitern bestehender Systeme greifen viele Unternehmen auf eigene, erfahrene Entwicklungsteams zurück. Müssen aber neue Technologien oder Systeme eingeführt werden, arbeiten immer mehr Unternehmen mit externen Dienstleistern wie esd electronics zusammen, um zeitliche und finanzielle Risiken zu minimieren. Hierbei profitieren die Unternehmen von der Flexibilität des qualifizierten Ingenieurteams, die täglich auf der Basis aktuellster Technologien entwickeln. Das optimiert die Time-to-Market ihrer Produkte, sodass komplexe Prototypen bereits innerhalb weniger Monaten lieferbar sind.

Embedded Single Board Computer EPPC-T10 mit 3 Ethernet-Ports
EPPC-T10 mit 3 Ethernet-Ports, mit Software-Stack werden daraus EtherCAT-Ports

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EPPC-T10

EPPC-T10 ist ein High-End PowerPC mit QorlQ CPU und drei unabhängigen Ethernet-Schnittstellen und verfügt über Health Features und Fallback Flash.

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EtherCAT Master

Konfiguration und Management von EtherCAT-Netzen, zyklischer Austausch von Prozessdaten, für alle Betriebssysteme identische durchdachte API, CoE, EoE, FoE, SoE

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Industrie-PC mit bewährten Komponenten

Auf der Basis von bewährten Komponenten und standardisierten Schnittstellen entwickelte esd einen Industrie-PC als Standard-Produkt. Hierbei flossen dessen langjährigen Erfahrungen als Dienstleister für kundenspezifische Entwicklungen ein. Dadurch entstand ein solider und vielseitig verwendbarer Single-Board-Computer, der Risiko und Kosten für den Anwender minimiert.

Der Single-Board-Computer EPPC-T10 von esd electronics ist ein kompakter und leistungsstarker Industrie-PC, der schnelle Steuerungs- und Regelungsaufgaben meistert, auch in Echtzeitanwendungen. Als High-End-Gerät mit QorlQ-CPU verfügt er über drei unabhängige 1GB-Ethernet-Schnittstellen. Um über diese Ethernet-Schnittstellen auch EtherCAT-Daten schnell verarbeiten zu können, ist der EtherCAT Master Stack von esd erforderlich. Diese Software managed den zyklischen Austausch von Prozessdaten und dient der Konfiguration der EtherCAT-Netzwerke. In dieser Kombination kann der EPPC-T10 auch in EtherCAT-Applikationen eingesetzt werden. Der EtherCAT Master Stack ist für Linux sowie für mehrere Echtzeit-Betriebssysteme verfügbar, wie QNX, VxWorks oder OS-9. Die Software kann auch auf Computern anderer Hersteller mit dem unterstützten Betriebssystem genutzt werden.

Mit dem EPPC-T10 lässt sich eine autarke Steuerung für bis zu drei Maschinen oder drei Antriebe einfach realisieren. Bei Einbindung in die darüber liegende Steuerungsebene können beispielsweise zwei Antriebe oder ein redundant aufgebauter Antrieb gesteuert werden. Innerhalb der Steuerungsebene ist der Single-Bord-Computer mit einer entsprechenden Software auch als Gateway zwischen Industrie Ethernet, Ethernet OPC UA und/oder Cloud einsetzbar. Trotz des festgelegten Leistungsumfangs bleibt die Option auf eine für den Kunden zugeschnittene Modifikation erhalten.

Der Single-Board-Computer EPPC-T10 basiert auf einem Embedded-64-Bit PowerPC. Dabei handelt es sich um den Single-Core Kommunikationsprozessor PowerPC QorIQ T1014 der Firma NXP mit 1,2 GHz. Er hat einen 64-bit Kern auf Basis der Power-Architektur-Technologie. Der Prozessor ist für höhere Anforderungen auch mit vier Kernen verfügbar. Durch die integrierte DPAA (Data Path Acceleration Architecture) wird ein performanter, direkter Datenaustausch zwischen den verschiedenen integrierten Schnittstellen der CPU ermöglicht, der die Kerne entlastet. Der lokale Speicherbus ist 64 Bit breit, mit einem zusätzlichen 8 Bit ECC und einer Gesamtkapazität von 512 Mbyte.

Der EPPC-T10 enthält das Standard-Programm „U-Boot”, das das Booten verschiedener Betriebssysteme je nach Datenvolumen von verschiedenen Medien ermöglicht: vom On-Board-Flash, über das Netzwerk, über USB, von einer microSD-Karte oder optional vom SATA-SSD. Außerdem verfügt der Single-Board-Computer über eine Double-Precision Floating-Point-Einheit und ist mit einem Realtime-Clock (RTC) mit Batterie-Backup ausgestattet. Der kompakte Computer hat die Maße 117 mm x 31 mm x 160 mm (L x B x H) und eignet sich für die Montage auf der DIN-EN-Tragschiene (TS 35). In der Standardversion läuft der EPPC-T10 unter Linux, andere (Echtzeit-) Betriebssysteme wie QNX, VxWorks oder OS-9 sind auf Anfrage erhältlich.

Die 1GB-Ethernet-Schnittstellen sind im Frontpanel über RJ45-Buchsen anschließbar. Außerdem bietet der Single-Board-Computer eine RS232-Schnittstelle, eine USB-2.0-Schnittstelle (Host), einen microSD-Kartensteckplatz sowie einen internen PCI Express-Mini-Steckplatz für Hardware-Erweiterungen. Der sichere Betrieb in Industrieumgebungen wird in erster Linie durch die Überwachung der lokalen Spannungen und Temperaturen sowie ein ausfallsicheres Firmware-Update mittels Fallback-Flash erreicht. In zweiter Linie erhöhen der garantierte Betriebstemperaturbereich von 0°C bis +55°C, eine Watchdog-Funktion sowie ein mehrstufiger Übertemperaturschutz die Betriebssicherheit.

Reichen diese Leistungsmerkmale für die gewünschte Anwendung nicht aus, so lassen sich bei größeren Stückzahlen auch kundenspezifische Forderungen berücksichtigen, wie zum Beispiel alternativ die Verwendung des Power-Saving Dual-Core Prozessors PowerPC QorIQ T1022, eines parallelen oder seriellen MRAM mit 512 Kbyte, eines erweiterten DDR3 RAM mit 2 GB, eines größeren Flash Memorys bis zu 2 x 128 Mbyte. Auch ist ein PCI Express-Steckplatz integrierbar, beispielsweise zur Erweiterung von I/Os mit Hilfe von PMC-Baugruppen über eine PMC Add-on-Baugruppen, inklusiv der erforderlichen Gehäuseanpassung sowie die Nachrüstung eines internen SATA-SSD.

Fazit

Durch den stetig steigenden Automatisierungsgrad in der Industrie- und Anlagenautomation und die Einführung von standardisierten, echtzeitfähigen Feldbussen wie Ethernet IP (mit CIP-Sync), EtherCAT, Profinet IO/IRT und andere steigen auch die Echtzeit-Anforderungen an Automatisierungssysteme. Hier kommt die klassische SPS aufgrund ihres linearen Aufbaus, ihrer zyklischen Abarbeitung und der CPU-fernen Programmierung bisweilen an ihre Grenzen. Durch die gestiegene Funktionsdichte in elektronischen Komponenten (esdACC) sowie immer schnelleren CPUs (PowerPC, Intel i7, ARM), lassen sich kompakte und leistungsstarke Automatisierungssysteme mit Standard-Schnittstellen und Echtzeit-Betriebssystem entwickeln. Die Nachfrage bezüglich Echtzeit-Automatisierungssystemen besteht schon seit vielen Jahrzehnte und wird seither durch kundenspezifische Entwicklungen auf der Basis von Systemkomponenten (VME, PMI/PCI, ...) und bewährten Echtzeit-Betriebssystemen (QNX, VxWorks oder OS-9) bedient. esd electronics nutzt seine langjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet für individuelle Lösungen aber auch für die Entwicklung von leistungsstarken Standard-Produkten, wie den industrietauglichen Single-Board-Computer EPPC T10.

Aus der Praxis

PowerPC-Architektur steuert Bohrhammer

Ein Hersteller von Deep-Water-Systemen war auf der Suchte nach einem kompakten Rechner als Teil des Steuer- und Überwachungssystem in einem Bohrhammer. Er entschied sich für einen kundenspezifischen Steuerrechner von esd electronics mit PowerPC-Architektur, einem CompactPCI-System und CANopen-Kommunikation. Außerdem wurden mehrere serielle RS485-Schnittstellen durch redundante DSL-Leitungen (Bandbreite bis zu 5 Mbit/s) abgelöst. Der Rechner hat acht serielle Schnittstellen sowie CAN-CBX-I/Os für 32 analoge Eingänge, die Geräte wie Kompass, Tiefendrucksensor und Beschleunigungssensor (Gyro) einbinden. Außerdem 16 Pt100-Eingänge zur Aufnahme diverser Temperaturen sowie der Leitfähigkeit, über die Rückschlüsse bezüglich Wassereinbruch, Wasserdruck, Öltemperatur oder den Wasseranteil im Öl gezogen werden können. Des Weiteren bietet die Steuerung 64 digitale Ein- und Ausgänge sowie zwei Ethernet-Schnittstellen. Dieser kompakte Rechner ist Teil des Steuer- und Überwachungssystem und wurde in eine druckfeste System-Box integriert, die direkt am Bohrhammer und somit in bis zu 3000 m Wassertiefe installiert ist. Durch diese Anordnung wird für den Betrieb in der Tiefe nur ein einziges Kabel mit Leitungen für die Versorgungsspannung und DSL-Kommunikation benötigt.

CAN-CPU-Board bootet schnell

Auf der Suche nach einem Single-Board-Rechner für ein bestehendes 3HE-VPX-System mit CAN-Bus-Schnittstellen sowie weiteren Leistungsmerkmalen wurde ein norddeutsches Unternehmen aus der Militärbranche auf ein PCI/CAN-Board von esd electronics aufmerksam. Neben den CAN-Schnittstellen waren für die Applikation folgende Schnittstellen gefordert: eine serielle Schnittstellen, eine Ethernet- und eine USB-Host-Schnittstelle sowie digitale Ein- und Ausgänge gemäß eigener Spezifikation. Außerdem sollte das CPU-Board ohne Lüfter bei Umgebungstemperaturen von -20 bis +85 °C betrieben werden können. esd electronics bot an, unter Verwendung des eigenen CAN-Cores (esdACC), ein kundenspezifisches Board zu entwickeln. Ein kritischer Punkt der Applikation war die Forderung, dass das PC-System mit Intel-Atom-Prozessor in weniger als zehn Sekunden gebootet haben muss. Um zu beweisen, dass die ausgewählte Kombination aus Prozessor und Betriebssystem die Zeitforderungen erfüllt, erstellte das hannoversche Unternehmen eine Vorstudie unter Verwendung eines Evaluation-Boards. Nach erfolgreichen Testreihen erhielt esd electronics den Auftrag für die Entwicklung des CPU-Moduls. Die Qualität der Prototypen war so hoch, dass sie als Nullserie verwendet werden konnten. Das war möglich, da man auf das betriebsbewährte CPU-Modul mit Intel-Atom-Prozessor sowie den in anderen Produkten erprobten esdACC zurückgreifen konnte. Um die Wärme bei 85°C Umgebungstemperatur sicher abzuleiten, entwickelte esd electronics für das Board einen speziell angepassten Kühlkörper, der thermisch mit dem Conduction-Cooled-Chassis verbunden wird. Auf diese Weise entstand ein kundespezifisches CPU-System, das der Kunde für eigene Konfigurationen einsetzen kann.

esd Advanced CAN Controller (esdACC)

Die meisten heute verfügbaren CAN Controller werden über acht oder sechzehn Bit breite Busse an das Hostsystem angeschlossen. Der Schreibzugriff und ganz besonders der Lesezugiff auf diese Controller ist, verglichen mit der Zykluszeit moderner CPU's, sehr langsam.

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